Die Online-Piraterie in der EU nimmt wieder zu

Neue Studie weist auf fehlende legale Möglichkeiten und Einkommensungleichheit als Ursachen für den Anstieg des Konsums illegaler Inhalte hin.

Angesichts der Vielzahl legaler Streaming-Angebote könnte man meinen, dass die Zeiten der Raubkopien der Vergangenheit angehören. Eine neue Studie des EU-Amtes für geistiges Eigentum (EUIPO) zeigt jedoch, dass die Online-Piraterie nach einem mehrjährigen Rückgang wieder im Steigen begriffen ist. 

Die Studie, die sich auf Daten des britischen Piraterieverfolgungsunternehmens MUSO stützt, legt nahe, dass die Piraterie in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen hat. 

"Das wichtigste Ergebnis ist, dass sich der in früheren Studien beobachtete rückläufige Trend umzukehren scheint und die Piraterie wieder zunimmt, was vor allem auf die Zunahme der Piraterie von Programminhalten und Printmedien zurückzuführen ist", heißt es in dem Bericht.

Zwar sind die aktuellen Pirateriezahlen immer noch nicht annähernd so hoch wie vor fünf Jahren, doch die Trendwende ist spürbar und könnte darauf hindeuten, dass wir uns an einem entscheidenden Punkt befinden, zumal legale Streaming-Dienste aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs und des wirtschaftlichen Abschwungs mit einem schwächeren Wachstum konfrontiert sind.   

TV-Piraterie boomt

Die Studie ergab, dass Fernsehsendungen die bei weitem am häufigsten raubkopierten Inhalte in der EU sind und fast die Hälfte (48 %) aller Raubkopien ausmachen. Auch das illegale Streaming von Live-Veranstaltungen, wie z. B. Sportveranstaltungen, ist auf dem Vormarsch, während die Piraterie von Software und Veröffentlichungen im Jahr 2022 ebenfalls deutlich zunahm. Die Film- und Musikpiraterie ist jedoch nach wie vor rückläufig.


Der Studie zufolge ist Streaming die beliebteste Methode für den Zugriff auf illegale Fernsehinhalte: 58 % der Piraterie in der EU erfolgt über Streaming und 32 % über das Herunterladen von Inhalten über Webseiten wie Piratebay oder Torrentz.

Die verschiedenen Länder unterscheiden sich auch hinsichtlich des Umfangs und der Art der konsumierten Inhalte. Am beliebtesten ist die Piraterie in Estland und Lettland, während sie in Deutschland und Italien relativ unpopulär ist. Auch bei der Art der Inhalte gibt es unterschiedliche Präferenzen. In Griechenland macht die Filmpiraterie beispielsweise 25 % des gesamten Piraterievolumens aus, während sie in Polen nur 5 % ausmacht.

Warum ist die Piraterie wieder auf dem Vormarsch?

Auch wenn sich die Online-Medienlandschaft seit der 2000er Jahre stark verändert hat, zeigt der EUIPO-Bericht, dass die Menschen heute aus denselben Gründen wie vor 10 oder 20 Jahren illegale Inhalte streamen - aus Mangel an legalen Möglichkeiten und wegen hoher Abonnement- oder Anschaffungskosten.   

Inzwischen hat das Einkommensniveau eines Landes einen erheblichen Einfluss auf die Piraterierate. Ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen, ein hohes Maß an Einkommensungleichheit und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit werden mit einem erhöhten Konsum von raubkopierten Inhalten in Verbindung gebracht.

"Die Mechanismen, die der Piraterie zugrunde liegen, zu verstehen, ist unerlässlich, um wirksame politische Strategien und Maßnahmen zur Eindämmung der Piraterie zu ergreifen", erklärte Christian Archambeau, Exekutivdirektor des EUIPO.

Da sich die Wirtschaftskrise auf die Bilanz aller auswirkt und Streaming-Dienste immer weniger für ihr Geld bieten, könnte der Konsum von raubkopierten Inhalten in den kommenden Jahren immer attraktiver werden.